zurück

Zum Nachweis der Gleichwertigkeit eines Nebenangebots

17.03.2015

Die Vergabekammer (VK) Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 16.04.2014 – 3 VK LSA 14/14 u.a. Folgendes entschieden:

• Ein Anspruch auf Wertung eines Nebenangebots besteht nur dann, wenn Nebenangebote zugelassen sind und diese die Anforderungen des Leistungsverzeichnisses erfüllen. Den Bietern obliegt insofern bereits bei Angebotsabgabe die Verpflichtung, die in ihren Nebenangeboten enthaltenen Leistungen eindeutig und erschöpfend zu beschreiben.

• Weist ein Bieter in seinem Nebenangebot nicht die Gleichwertigkeit zu den Forderungen in der Leistungsbeschreibung nach, ist das Nebenangebot als nicht zuschlagsfähig einzuordnen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Fassadendämmarbeiten öffentlich nach VOB/A ausgeschrieben; Nebenangebote waren zugelassen. In den Bewerbungsbedingungen war u.a. Folgendes vorgesehen:
„5.1 Soweit an Nebenangebote Mindestanforderungen gestellt sind, müssen diese erfüllt werden; im Übrigen müssen sie im Vergleich zur Leistungsbeschreibung qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Die Erfüllung der Mindestanforderungen bzw. die Gleichwertigkeit ist mit Angebotsabgabe nachzuweisen. Nebenangebote, die dem nicht entsprechen, werden von der Wertung ausgeschlossen.“ Im Zuge der Angebotsprüfung gemäß § 16 VOB/A wurde Bieter A zur weiteren Aufklärung des von ihm vorgelegten Nebenangebotes aufgefordert. Nach Ansicht des AG sei aus den von A daraufhin vorgelegten Unterlagen nach eingehender Prüfung die Gleichwertigkeit des Nebenangebotes festgestellt worden. Im Protokoll zum Aufklärungsgespräch hieß es zum Nebenangebot des A: „Kosten günstiger durch geringeren Arbeitsaufwand durch Verwendung eines anderen Sockelprofils, anderer Putz, daraus resultierend günstigere Verarbeitung und beim Anstrich ebenfalls.“ Der AG teilte darauf mit, den Zuschlag auf das Nebenangebot des A erteilen zu wollen. Der konkurrierende Bieter B rügt dieses Nebenangebot als qualitativ nicht gleichwertig und stellt Nachprüfungsantrag.

Die Vergabekammer erachtet das Nebenangebot des A als nicht zuschlagsfähig, da gemäß § 13 Abs. 2 VOB/A und 5.1 der Bewerbungsbedingungen die Gleichwertigkeit des Nebenangebotes nicht nachgewiesen worden sei. Allein die Nennung des angebotenen Produkts sei kein Nachweis der Gleichwertigkeit. Aus dem Protokoll zum Aufklärungsgespräch lasse sich eine eingehende Prüfung der Gleichwertigkeit des Nebenangebots durch den AG ebenfalls nicht erkennen. Vielmehr müssten bereits bei Angebotsabgabe seitens des Bieters detaillierte Ausführungen zur technischen Spezifikation und Gleichwertigkeit gemacht werden. Grundsätzlich sei festzustellen, dass ein Anspruch auf inhaltliche Bewertung eines Nebenangebots nur dann bestehen könne, wenn Nebenangebote zugelassen seien und diese die Anforderungen des LV erfüllten, um somit erst den Boden für eine Prüfung der Gleichwertigkeit zu bereiten. Den Bietern obliege insofern generell bereits bei Angebotsabgabe die Verpflichtung, die in ihrem Nebenangebot enthaltene Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Im konkreten Fall sei nach der Formulierung des LV die Nachweisführung der Gleichwertigkeit des Nebenangebotes gegenüber dem Amtsentwurf bereits mit Abgabe des Angebots gefordert. Dabei sei es grundsätzlich nicht Aufgabe des AG, eventuelle Defizite des Bieters durch eigene ergänzende Untersuchungen auszugleichen. Ebenso wenig dürfe sich der AG auf die bloßen Beteuerungen des Bieters hinsichtlich dessen Meinung zur gegebenen Gleichwertigkeit verlassen. Den AG treffe vielmehr die Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gleichwertigkeit. Die im Nebenangebot fehlenden Nachweise könnten auch nicht durch Erläuterungen im Nachprüfungsverfahren „nachgeholt“ werden. Eine derartige Haltung verkenne die essentiellen Pflichten der Beteiligten an einem Vergabeverfahren. Dies betreffe sowohl die Verpflichtung des Anbietenden zur Darlegung aller Umstände, die eine Gleichwertigkeit mit dem jeweiligen Amtsentwurf deutlich machen könnten, als auch die Verpflichtung des Annehmenden zur Ausübung seines Ermessens im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung. Würde man die Verpflichtungen der Bieterseite durch die bloße Bezugnahme auf die Behauptung der Gleichwertigkeit als erfüllt ansehen, hieße das, den Darlegungen der Bieterseite ohne Überprüfung durch den AG Glauben zu schenken. Dies käme aber einer Entmündigung des AG gleich und wäre das Ende jeden geordneten Wettbewerbs.

 RA_Werner_online.jpg

RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Haus Cumberland
Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Denkbar wäre hier eventuell, dass der AG die geforderten, aber nicht vorgelegten Nachweise zur Gleichwertigkeit des Nebenangebotes nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachfordern könnte. Dies ist jedoch nur bei gänzlich fehlenden Angaben bzw. Erklärungen möglich; bei Nachweisen und Erklärungen, die - wie hier - inhaltlich unzureichend sind, ist eine Nachforderungsmöglichkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nicht möglich – mit der Folge, dass das Nebenangebot wegen fehlerhafter Angaben auszuschließen ist.

  Quelle: RA Michael Werner


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare