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Zur Festlegung des auftragsbezogenen Eignungsprofils

03.09.2012

Das OLG Koblenz hat mit Beschluss vom 13. Juni 2012 – 1 Verg 2/12 – u. a. folgendes entschieden:

Bei der Festlegung des auftragsbezogenen Eignungsprofils ist der Auftraggeber
weitgehend frei. Die Grenze zur Rechtswidrigkeit ist erst überschritten, wenn eine
Forderung unzumutbar ist oder ohne jeden sachlichen Grund ausgrenzend und
damit wettbewerbsbeschränkend wirkt.


Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein entsorgungspflichtiger
Landkreis sich bei der Erfüllung einer wichtigen öffentlichen Aufgabe nur eines
Unternehmens bedienen will, das eine entsprechende Leistung zumindest schon
einmal für eine andere kommunale Gebietskörperschaft mit einer
bestimmten Größe erbracht hat.


Der Auftraggeber darf jedenfalls nach Angebotsabgabe nicht zugunsten
einzelner Bieter auf die Erfüllung seiner Vorgaben verzichten.


Ein kommunaler Auftraggeber (AG) hatte Entsorgungsleistungen von Bioabfällen unter Einbezug der von den Bürgern bereitgestellten „braunen Tonnen“ im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Bezüglich der technischen Leistungsfähigkeit war in der Bekanntmachung mindestens eine Referenz für die behältergestützte Entsorgung im kommunalen Auftrag mit mindestens 12 Monaten Vertragslaufzeit und für ein Entsorgungsgebiet mit mindestens 40.000 Einwohnern gefordert worden. Der AG beabsichtigte darauf, den Auftrag an einen Bieter zu vergeben, der nur eine Referenz über die Entsorgung eines Truppenübungsplatzes der US-Army vorgelegt hatte. Der AG war der Auffassung, diese Referenz genüge als Eignungsnachweis. Im Vergabevermerk hieß es dazu, dass der AG solche Referenzen nicht hätte ausgrenzen wollen, hätte er von der Möglichkeit derartiger Aufträge gewusst. Ein konkurrierendes Unternehmen rief dagegen die Vergabekammer an. Die Vergabekammer hatte darauf den AG verpflichtet, das Angebot des für den Zuschlag vorgesehenen Unternehmens aus der Wertung zu nehmen. Dagegen hat der AG sofortige Beschwerde zum OLG eingelegt. Nach Ansicht des OLG ist die sofortige Beschwerde des AG unbegründet, weil das für den Zuschlag vorgesehene Unternehmen die vom AG gestellten Eignungsanforderungen nicht erfülle. Gemäß Art. 44 Abs. 2 der Vergabekoordinierungs-Richtlinie (2004/18/EG), § 7 EG Abs. 5 VOL/A-EG sei der AG berechtigt, das auftragsbezogene Eignungsprofil über Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit zu definieren. Dies habe der AG dadurch getan, dass er unmissverständlich mindestens eine Referenz über die behältergestützte Abfall-Entsorgung im kommunalen Auftrag für ein Entsorgungsgebiet von mindestens 40.000 Einwohner gefordert habe. Damit habe er sich zugleich dahingehend festgelegt, dass ein Bieter, der nicht mindestens einen derartigen Auftrag gerade ausführe oder ausgeführt habe, mangels Eignung nicht als Auftragnehmer infrage komme. An der Feststellung, dass die US-Army kein kommunaler Auftraggeber, der Truppenübungsplatz keine kommunale Gebietskörperschaft sei und Soldaten, die sich dort für Tage oder wenige Wochen aufhielten, keine Einwohner seien, komme man nicht vorbei. Anders als vom AG selbst geltend gemacht, sei die gestellte Anforderung vergaberechtlich zulässig. Die Grenze zur Rechtswidrigkeit sei erst dann überschritten, wenn eine Forderung unzumutbar bei oder nicht mehr zur Befriedigung eines im Hinblick auf das konkrete Beschaffungsverhaben berechtigte Informations- und/oder Prüfungsbedürfnis diene, sondern ohne jeglichen sachlichen Grund ausgrenzend und damit wettbewerbsbeschränkend wirke. Dies sei hier aber nicht der Fall. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich ein entsorgungspflichtiger Landkreis bei der Erfüllung einer wichtigen öffentlichen Aufgabe nur eines solchen Unternehmens bedienen wolle, das eine entsprechende Leistung zumindest schon einmal für eine andere Gebietskörperschaft mit einer bestimmten Größe erbracht habe. Die Prüfung der Zweckmäßigkeit einer derartigen Vorgabe gehöre jedoch nicht zu den Aufgaben der Nachprüfungsbehörden. Der AG dürfe seine Anforderungen an die Eignung jedenfalls nach Angebotsabgabe weder verschärfen noch zu Gunsten einzelner Bieter auf die Erfüllung seiner Vorgaben verzichten. Er müsse sich vielmehr daran festhalten lassen, wenn er seinen, hinsichtlich der Eignung weiten Beurteilungsspielraum freiwillig durch eine eindeutige und unmissverständliche Mindestanforderung an die Bieter einenge.

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Anmerkung:
Entscheidend ist hier, dass sich ein Auftraggeber, wenn er Vorgaben zu den Eignungsanforderungen gemacht hat, daran festhalten lassen muss. Er kann dann nicht später versuchen, dadurch ein Angebot „zu retten“, indem er seine eigenen Anforderungen später als vergaberechtswidrig darstellt - was hier durch das OLG zu Recht abgelehnt wurde.

  Quelle: RA Michael Werner


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