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Zur Gewichtung des Preises bei Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot

24.01.2014

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 27.11.2013 – Verg 20/13 – u.a. Folgendes entschieden:

 • Soll der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot ergehen und legt der Auftraggeber als Unterkriterien zu 95 % den Preis und zu 5 % die Terminplanung fest, ist der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 97 Abs. 5 GWB und die Selbstbindung des Auftraggebers an das in der Bekanntmachung angegebene Zuschlagskriterium verletzt.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte im März 2013 den aus zahlreichen Bauleistungen bestehenden dreigleisigen Ausbau einer Bahnstrecke im Offenen Verfahren nach der SektVO ausgeschrieben. Gemäß der Angebotsaufforderung sollte der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot ergehen. Als Kriterien dafür waren angegeben der Preis (Angebotsendsumme) mit einer Gewichtung von 95 % und die Terminplanung mit einer Gewichtung von 5 %. Nebenangebote waren zugelassen. Der Bieter A beteiligte sich an der Ausschreibung mit einem Haupt- und einem Nebenangebot. Nachdem ihm der AG mit Vorabinformationsschreiben mitgeteilt hatte, dass ein konkurrierender Bieter den Zuschlag erhalten sollte, stellte er Nachprüfungsantrag; diesen begründete er u.a. damit, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien vergaberechtswidrig sei; insbesondere die Gewichtung des Preises mit 95 % widerspreche dem Gebot der Vergabe auf das wirtschaftlichste Angebot.

Das OLG gibt hier dem Bieter A Recht. Die Vergabestellte habe hier unzulässige Zuschlagskriterien verwendet. Das OLG verweist hier auf frühere Rechtsprechung, u.a. des OLG Dresden vom 05.01.2001 (WVerg 11/00). Dieses hatte damals entschieden, dass bei einer Auftragsvergabe nach dem wirtschaftlich günstigsten Preis vom Auftraggeber sicherzustellen sei, dass der Preis ein wichtiges, die Vergabeentscheidung substantiell beeinflussendes Entscheidungskriterium bleibe und nicht bis zur Bedeutungslosigkeit marginalisiert werden dürfe; ein Wertungsanteil von 30 % beim Angebotspreis solle regelmäßig nicht unterschritten werden. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf verhalte es sich hier genau umgekehrt: Der AG habe beim Zuschlagskriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes nicht den Preis, sondern die anderen, der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots geltenden Kriterien auf ein unbedeutendes Maß herabgestuft (5 %). Da die vorgegebene Terminplanung von den Bietern eingehalten worden sei, richte sich die Vergabeentscheidung faktisch allein nach dem Angebotspreis. Durch die Terminplanung war die Preiswertung praktisch und in der Regel kaum mehr umzukehren. Das Kriterium der Terminplanung hätte nurmehr eine „Alibifunktion“ gehabt. Dies verstoße gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz des § 97 Abs. 5 GWB und gegen das Prinzip, dass der Auftraggeber vergaberechtlich an die von ihm selbst festgelegten Wertungskriterien gebunden sei.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
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Anmerkung:
Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass das OLG Düsseldorf im Jahr 2010 – nicht unumstritten – entschieden hatte, dass Nebenangebote bei Vergaben nach dem niedrigsten Preis unzulässig seien. Die Vergabepraxis hat darauf so reagiert, dass neben dem Preis – wie hier – im geringen Umfang weitere Wertungskriterien angegeben werden, die nicht selten lediglich eine „Alibifunktion“ haben.

Bis zu einer endgültigen Klärung der Frage, ob Nebenangebote bei einer Vergabe nach dem niedrigsten Preis tatsächlich unzulässig sind, sollten öffentliche Auftraggeber berücksichtigen, in der Gewichtung dem Preis max. 80 bis 90 % zuzuerkennen, um nicht Gefahr zu laufen, das Verfahren – so wie hier – aufheben zu müssen.

  Quelle: RA Michael Werner


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