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Zur Korrektur von Rechenfehlern im Angebot

26.05.2015

Von RA Michael Werner

Die Vergabekammer (VK) Sachsen-Anhalt hat mit Beschluss vom 17.10.2014 – 3 VK LSA 82/14 – Folgendes entschieden:

• Deckt der Auftraggeber bei der Angebotsprüfung Rechen- und Übertragungsfehler auf, muss er diese berichtigen und die Angebotssumme entsprechend korrigieren.
• Die Korrektur von Rechen- und Übertragungsfehler führt nicht zu einem Ausschluss des betreffenden Angebots. Es verbleibt vielmehr mit der vom Auftraggeber berichtigten Angebotssumme in der Wertung. Verhandlungen mit dem Bieter über die Änderung seiner Preise finden in diesem Fall nicht statt.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Bauleistungen gemäß VOB/A öffentlich ausgeschrieben. Im Submissionstermin lagen acht Angebote vor. Der Nachweis der Eignung konnte für präqualifizierte Bauunternehmen durch einen Eintrag in das PQ-Verzeichnis erfolgen. Nicht präqualifizierte Unternehmen hatten das Formblatt „Eigenerklärung zur Eignung“ abzugeben. Der spätere Bestbieter A war zwar im PQ-Verzeichnis eingetragen, beim geforderten Nachweis zur Beachtung der Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation war die Zusicherung des Herkunftslandes durch Ankreuzen auf dem entsprechenden Formblatt aber nicht angegeben worden. Im Rahmen der rechnerischen Prüfung der Angebote nach § 16 Abs. 3 VOB waren von dem seitens des AG beauftragten Planungsbüro Rechenfehler festgestellt worden. Das Planungsbüro hatte darauf dem AG empfohlen, sowohl den (bisherigen) Bestbieter B als auch den zweitplatzierten Bieter A zu einem Bietergespräch einzuladen. In diesem Gespräch unterrichtete der AG den B darüber, dass aufgrund der festgestellten Rechenfehler die Angebotsendsumme des A berichtigt worden war; dem B wurde mitgeteilt, dass sein Angebot nicht bezuschlagt werde, da er aufgrund der Berichtigung des Angebots des A nicht mehr auf dem ersten Platz liege. Dagegen geht B mit Nachprüfungsantrag vor.

Nach Landesrecht Sachsen-Anhalt ist auch bei einer nationalen Vergabe (unterhalb des Schwellenwertes) ein Nachprüfungsantrag möglich. Dieser war hier erfolgreich, da das Angebot des A aufgrund der unvollständig ausgefüllten Erklärungen zur Beachtung der Kernarbeitsnormen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 16 Abs. 3 VOB/A auszuschließen war. Die Vergabekammer ist der Auffassung, dass eine Nachforderung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A hier unzulässig sei, da es sich bei dieser Erklärung um einen Vertragsbestandteil handele. Dagegen moniert die VK die vorgenommene Korrektur des Angebotspreises nicht. Bei der rechnerischen Prüfung gehe es darum, nachzuvollziehen, ob die einzeln vom Bieter in das Angebot eingetragenen Zahlen rechnerisch richtig seien. Hierbei sei nach § 16 Abs. 4 Nr. 1 VOB/A eine Multiplikation von Mengenansatz und Einheitspreis vorzunehmen, wobei der vom Bieter eingesetzte Einheitspreis für die Ermittlung des Gesamtbetrages maßgebend sei. Bei dieser Rechenoperation sollten Fehler aufgedeckt werden, die dem Bieter unterlaufen sein könnten. Entsprechende Rechen- und Übertragungsfehler im Angebot seien hierbei aufzudecken und zu berichtigen; die Gesamtsumme sei entsprechend zu korrigieren. Tauchten rechnerische Fehler bei der Überprüfung auf, so gehe die VOB/A grundsätzlich nicht davon aus, solche Angebote von der weiteren Wertung auszuschließen; insofern sei in § 16 Abs. 1 VOB/A eine solche Ausschlussbestimmung nicht enthalten. Die Angebote verblieben daher mit der berichtigten Angebotssumme weiter in der Wertung. Bei dieser rechnerischen Prüfung der Angebote finde damit auch keine Verhandlung mit dem Bieter über die Änderung seiner Preise statt, sondern eine zwingend notwendige Berichtigung der Preise nach den Bestimmungen des § 16 Abs. 4 Nr. 1 VOB/A.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

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Kurfürstendamm 194
D - 10707 Berlin
E-Mail: M.Werner@zl-legal.de
www.zl-legal.de

Anmerkung:
Die Entscheidung ist deshalb von besonderem Interesse, da sie gute Anhaltspunkte zur Behandlung von Rechenfehlern im Rahmen des § 16 Abs. 4 Nr. 1 VOB/A gibt. Allerdings darf diese Entscheidung nicht so interpretiert werden, dass damit jeglicher Rechen- bzw. Kalkulationsfehler des Bieters vom AG zu berichtigen sei.

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