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Zur Nachforderung fehlender Angaben

14.10.2014

Die Vergabekammer (VK) Sachsen hat mit Beschluss vom 05.05.2014 – 1/SVK/010-14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Wird die Erklärung zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 4 Abs. 6 Ziff. a bis g, Abs. 9 Ziff. a bis e VOF nicht für den Bewerber selbst, sondern für dessen Geschäftsführer abgegeben, handelt es sich dabei nur um einen formellen Mangel, der zur Nachforderung berechtigt.

• Eine fehlende Erklärung, die nachgefordert werden kann, liegt in dem Falle vor, wenn der Bieter einzelne Angaben innerhalb einer geforderten Erklärung nicht macht.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte Planungsleistungen für einen Büroneubau im Rahmen eines einstufigen, nicht offenen, anonymen Realisierungswettbewerbs für Architekten gemäß RPW 2008 und anschließendem Verhandlungsverfahren durchgeführt. Im Rahmen des Architektenwettbewerbs hatte Bieter A u.a. das Formblatt zur Erklärung über das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 4 Abs. 6 und 9 VOF nicht für sich, sondern dessen Geschäftsführer ausgefüllt. Ebenfalls war in dem abgefragten Versicherungsnachweis wegen der langen Dauer des Verfahrens (aufgrund Nachprüfung) zwischenzeitlich die Bestätigung des Versicherungsunternehmens nicht mehr gültig. Der AG forderte diese Erklärungen nach. Hiergegen wehrte sich ein Konkurrent.

Nach Ansicht der VK war hier das Vorgehen des AG rechtmäßig. Grundsätzlich ermögliche § 5 Abs. 3 VOF die Nachforderung von fehlenden Erklärungen und Nachweisen, die bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nicht vorgelegt worden seien. Diese Norm sei auch im Rahmen von Wettbewerben anwendbar, auch wenn § 16 VOF nicht explizit auf § 5 Abs. 3 VOF verweise. Ein Nachweis fehle aber nur dann, wenn er entweder nicht vorgelegt worden sei, d.h. körperlich nicht vorhanden sei oder formelle Mängel aufweise bzw. inhaltliche Unzulänglichkeiten, die formellen Mängel gleich kämen. Nicht möglich seien dagegen Korrekturen inhaltlicher Mängel in Form von Nachbesserungen; der AG dürfe einen Bieter nicht bevorzugen, indem er ihm gestatte, inhaltliche Defizite des Angebots nach Angebotsabgabe noch nachzubessern. Wenn also ein Bieter die Vorlage einer geforderten Unterlage nicht vergesse, sondern diese in inhaltlicher Hinsicht nicht den Anforderungen genüge, sei der Schutzzweck der Norm (§ 5 Abs. 3 VOF) nicht berührt und damit auch ihr Anwendungsbereich nicht eröffnet.

Hier habe die Nachforderung der Erklärung zur Haftpflichtversicherung sowie der Bestätigung der Versicherung unproblematisch nachgefordert werden können. Die bereits früher vorgelegte Bestätigung der Versicherung sei aufgrund der Dauer des Verfahrens, insbesondere aufgrund des Nachprüfungsverfahrens, zwischenzeitlich nicht mehr gültig, sodass hier eine Aktualisierung der Erklärung ohne Weiteres möglich gewesen sei. Darüber hinaus seien in der Eigenerklärung des A die Deckungssummen nicht angegeben worden. Dabei handele es sich eindeutig um fehlende Erklärungen, die vom AG nachgefordert werden könnten. Ebenso sei das Nachfordern des Formblatts zur Erklärung über das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 4 Abs. 6 Ziff. a bis g und Abs. 9 Ziff. a bis f VOF möglich gewesen. A habe hier zwar schon ein ausgefülltes Formblatt vorgelegt, in dem allerdings nicht der Name des Bewerbers, sondern der des Geschäftsführers eingetragen war. Dabei handele es sich nach Auffassung der VK nicht um einen inhaltlichen Mangel, der eine Nachforderung ausschließe. Vielmehr habe mit Vorlage der Erklärung des Geschäftsführers eine eigene Erklärung für A gar nicht vorgelegen. Hier habe schlicht eine andere Person eine Erklärung abgegeben – wobei es sich um einen zur Nachforderung berechtigenden formellen Mangel handele, da die Erklärung des Bewerbers bzw. Bieters selbst fehle.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Wichtig ist die Entscheidung deshalb, da sie feststellt, dass auch Einzelangaben innerhalb einer „Gesamterklärung“ für eine Nachforderungsmöglichkeit zugänglich ist. Fehlt also innerhalb einer Erklärung eine bestimmte Angabe, kann sie nachgefordert werden. Anders zu behandeln ist der Fall jedoch, wenn diese Erklärung inhaltlich falsch ist – eine Nachforderung ist dann nicht mehr möglich.

  Quelle: RA Michael Werner


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