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Zur Situation des Fliesenmarktes

09.05.2022

Während stets viel über das Bauhauptgewerbe und seine Branchen berichtet wird, werden einige oft vernachlässigt. Wir werfen einen Blick auf den Fliesenmarkt in Deutschland – und die Baubranche im Allgemeinen


Der Fliesenmarkt in Deutschland wurde 2021 von einer positiven Grundstimmung getragen und blieb weitestgehend von negativen Einflüssen unberührt. Insgesamt war der Fliesenabsatz in Deutschland für die Fliesenhersteller zufriedenstellend: Der Verbrauch 2021 betrug nach vorläufigen Zahlen 135,3 Mio. m²- dies entspricht einem Plus von 3,6%. Die Produktion stieg leicht um 0,8%. Die Importe kletterten um 4,9%, die Exporte um 4,6%. Die Umsätze stiegen schließlich um 6,3% an.


Kostensteigerungen bei Importen und Exporten


Dieser Zuwachs dürfte jedoch zum Teil auf die Kostensteigerungen zurückzuführen sein! Bei den Sortimentsstrukturen haben Veränderungen hin zu Großformaten und stärkeren Fliesen stattgefunden. Insbesondere bei den Einkäufen aus dem Ausland waren - bedingt durch steigende Kosten - zum Jahresende gewisse Vorzieheffekte und eine erhöhte Einlagerung von Waren beim Handel zu erkennen. Bei den Importländern liegt unverändert Italien vorne (+6,3%), gefolgt von der Türkei (+18,3%) und Spanien (ca.+5%). Während die Anti-Dumping-Maßnahmen gegen Importe aus China ihre Effektivität zeigen, konnten Hersteller in Indien und Russland ihre Exporte nach Deutschland drastisch ausbauen (+53% bzw. +118%). Letztere profitierten von besonders industriefreundlichen Rahmenbedingungen (z.B. niedrige Energiepreise und geringe Umweltstandards).


Die Exporte keramischer Fliesen aus Deutschland beliefen sich nach vorläufigen Zahlen auf insgesamt 26,4 Mio. m² (+4,6%). Die drei Top-Exportzielländer sind die Niederlande (+7%), Österreich (-5,9%) und die Schweiz (-5%). Erfreulich war die Entwicklung der Exporte nach Italien (+19,8%), nach Frankreich (+11,3%) sowie nach Schweden und Dänemark mit jeweils +23,2%.


Das Jahr 2021 für die Baubranche im Allgemeinen


Auch 2021 beeinträchtigte die Corona-Pandemie das inländische Wirtschaftsgeschehen. Steigende Infektionszahlen in den kalten Jahreszeiten, die Corona-Auflagen häuften sich – so wuchs in Deutschland das Bruttoinlandsprodukt lediglich um 2,7%, während es in Europa um 5,3% anstieg. Zudem war 2021 gekennzeichnet durch die Störung von Lieferketten für zahlreiche Produktgattungen, die nicht nur zu Lieferengpässen geführt haben, sondern zum Jahresende hin auch zu stark steigenden Preisen. Vor diesem Hintergrund hat das Geschäftsklima in Deutschland seit Mitte des Jahres gelitten und wurde zunehmend pessimistischer eingeschätzt.


Lediglich im Bauhauptgewerbe blieb die Stimmung positiv. Europaweit überstieg die Nachfrage das Angebot; insgesamt ist die Baunachfrage um 5,6% gestiegen. In Deutschland lag der baugewerbliche Umsatz 2021 leicht im Plus (1,4%). Unter Berücksichtigung kostenbedingter Preissteigerungen lag er jedoch real bei -6,2% und im Dezember sogar bei -11,5%.


Gleichwohl blickt die Baubranche aufgrund der gestiegenen Auftragseingänge verhalten optimistisch in die Zukunft (Wohnungsbau +8,5%, Wirtschaftsbau +20,4%). Bei den Baugenehmigungen, die den längerfristigen Trend abbilden, stechen die Zweifamilienhäuser mit +24,6% hervor, während der Durchschnitt bei +2,8% liegt.


Ein schwieriges Jahr 2022 – auch für die Baubranche


Die Aggression macht in schmerzlicher Weise die Abhängigkeit Europas, insbesondere der europäischen Industrie einschließlich der Fliesenhersteller, von russischem Gas deutlich. Die Auseinandersetzung hat die Energiekosten für Hersteller in exorbitante Höhen getrieben. Sie betragen ein Vielfaches von dem, was Hersteller bisher für Energie aufbringen mussten und übersteigen in einem volatilen, nicht vorhersehbaren Markt oft das Zehnfache der Vorjahrespreise.
Die höheren Kosten werden, wie in anderen Industriebereichen, auf die Kunden abgewälzt werden müssen, die sich jedoch bereits auf eine steigende Inflation, also höhere Kosten eingestellt haben. Für 2022 wird eine Inflation von ca. 6% vorhergesagt - mit fast wöchentlichen Anpassungen. Aufgrund der sich ständig ändernden Bedingungen werden in der Baubranche Preise nicht mehr langfristig, sondern oft nur tageaktuell vereinbart.
Erschwerend kommt die kriegsbedingte Unterbrechung von Lieferketten hinzu. Ca. 80% der in Europa benötigen Tone kommen aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine und stehen auf absehbare Zeit nicht mehr zur Verfügung. Alternativen sind in der benötigten Qualität auf die Schnelle nur schwer und auch mittelfristig nicht in den benötigten Mengen zu beschaffen. Die Lieferfähigkeit von Herstellern rückt somit in den Vordergrund des Geschehens.


Kurze Transportwege und regionale Wertschöpfung sind nun gefragt


Entsprechender Ersatz durch Zukauf aus dem entfernteren Ausland wird sich nicht nur wegen der hohen Transportkosten, sondern auch mit Blick auf entsprechende Qualitäten nur bedingt realisieren lassen. So unternehmen deutsche Fliesenhersteller derzeit alles, um ihre Kunden sowie den Markt mit den benötigten Produkten zu beliefern. Unterstützt werden sie dabei von ihren heimischen Rohstofflieferanten.


Bei allen widrigen Umständen, die derzeit herrschen, bleibt eine positive Botschaft für die Branche, wie Peter Wilson, Vorsitzender des Bundesverbands Keramische Fliesen, betont: „Beim Endkunden ist die Fliese gefragt wie noch nie. Statt dem ehemaligen Zweckbelag hat sie sich unter den Bodenbelägen als Benchmark etabliert, die man sich ,leisten können muss‘- oder an der sich die Materialkonkurrenz messen lassen muss. Heute gelten Fliesen als hochwertiges, multifunktional ,taugliches‘ Belagsmaterial für den gesamten Wohnbereich. Ein Imagewandel, dem die deutsche Fliesenindustrie über die langjährige Presse-Kampagne der Qualitätsinitiative buchstäblich den Boden bereitet hat.“ Aus diesem Grund haben die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands beschlossen, ihre vom Fachverband Fliesen und Naturstein unterstützte Grundlagen-PR pro Fliese und pro Fachverlegung trotz der schwierigen Zeiten fortzuführen. „Die deutschen Fliesenhersteller sind überzeugt, dass die Branche in partnerschaftlicher Zusammenarbeit die derzeitige Krise meistern kann“, so Herr Fellhauer abschließend.

  Quelle: www.baulinks.de


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