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Zur Vergleichbarkeit von Referenzleistungen innerhalb der Eignungsprüfung

11.11.2014

Das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 08.04.2014 – 11 Verg 1/14 – u.a. Folgendes entschieden:

• Dem Auftraggeber steht bei der Entscheidung, welche Anforderungen er an die Eignung der Bieter stellen will sowie bei der Bewertung der Referenzen ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Er ist aber an die von ihm aufgestellten und bekannt gegebenen Anforderungen gebunden und darf hiervon nicht nachträglich zu Gunsten einzelner Bieter abweichen.

• Fordert der Auftraggeber zum Nachweis der Eignung der Bieter Referenzen über frühere Aufträge, steht es zwar weitgehend in seinem Ermessen, welche Anforderungen er an die Referenzen stellen will. Fordert er aber ausdrücklich Referenzen über Aufträge „vergleichbarer Art und Größe“, darf er nur solche Referenzen berücksichtigen, die vergleichbare Leistungen nachweisen.

Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) hatte europaweit eine Rahmenvereinbarung über die Beschaffung von Hardware, Software und Dienstleistungen zur Ertüchtigung von Leitstellen des Brand-, Katastrophen- und Rettungsdienstes im Nichtoffenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb gemäß VOL/A-EG ausgeschrieben. In der Bekanntmachung und den Teilnahmeantragsbestimmungen waren hinsichtlich der Referenzen (fachlich/technische Leistungsfähigkeit) u.a. Referenzen in vergleichbarer Art und Größenordnung gefordert. Nach Durchführung des Teilnahmewettbewerbs wurde die Eignung der Bewerber A und B bejaht. Der AG hatte daraufhin mitgeteilt, den Zuschlag auf das Angebot des B zu erteilen. Dagegen rügte A, dass B die technische Leistungsfähigkeit nicht besitze und dieser nicht über vergleichbare Referenzen verfüge. Die Vergabekammer hatte darauf das Verfahren in den Stand der Eignungsprüfung zurückversetzt und den AG verpflichtet, die Eignung des B anhand der vorgelegten Referenzen erneut zu prüfen. Gegen diesen Beschluss der VK erhob Bieter B sofortige Beschwerde zum OLG.

Nach Ansicht des OLG hat die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der VK keinen Erfolg. Das Gericht führt aus, dass der Vergabestelle bei der Prüfung der Bietereignung grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zukomme, der der Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen weitgehend entzogen sei. Dies gelte namentlich für die Überprüfung der Referenzen und die Beurteilung deren Vergleichbarkeit. Bei der Entscheidung, welche Anforderungen der AG an die Eignung der Bieter stellen wolle und bei der Bewertung der Referenzen komme diesem ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dabei sei er jedoch an die von ihm selbst aufgestellten und bekanntgegebenen Anforderungen gebunden und dürfe hiervon nicht nachträglich zu Gunsten einzelner Bieter abweichen, indem er bei der Wertung der Teilnahmeanträge an die Eignung höhere oder geringere als die allgemein bekanntgemachten Anforderungen stelle. Fordere er ausdrücklich Referenzen über Aufträge „vergleichbarer Art und Größe“, so dürfe er wegen des Gebots der Gleichbehandlung und der Transparenz nur solche Referenzen berücksichtigen, die tatsächlich vergleichbare Leistungen nachwiesen. Beim Begriff „vergleichbare Leistungen“ handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Wortlautes der Vergabeunterlagen und des Sinns und Zwecks der geforderten Angaben unter Berücksichtigung des Wettbewerbs– und Gleichbehandlungsgrundsatzes auszulegen sei. Dabei bedeute die Formulierung „vergleichbar“ nicht „gleich“ oder gar „identisch“, sondern, dass die Leistung im technischen oder organisatorischen Bereich einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad habe. Die ausgeschriebene Leistung müsse den Referenzaufträgen soweit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffne. Werde eine Referenz über eine Leistung vergleichbarer Art und Größe gefordert, so könne ein verständiger und sachkundiger Bieter die damit verbundenen Anforderungen nur in diesem Sinne verstehen und die Vergabestelle müsse sich an die von ihr so definierten Vorgaben halten. Maßgeblich sei dabei nicht, wie der AG die Anforderungen gemeint habe, sondern wie sie nach dem objektiven Empfängerhorizont zu verstehen seien.

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RA Michael Werner

Partner in der Kanzlei
ZIRNGIBL LANGWIESER
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Anmerkung:
Zwischen Auftraggebern und Bietern ist immer wieder unsicher, was unter „vergleichbaren Leistungen“ im Rahmen der Eignungsprüfung bei vorzulegenden Referenzen zu verstehen ist. Das OLG gibt hier gute Hinweise, wie der unbestimmte Rechtsbegriff der „vergleichbaren Leistung“ unter Fortschreibung der ständigen Rechtsprechung näher definiert werden kann.

  Quelle: RA Michael Werner


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