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Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln an anderem Bauvorhaben?

19.11.2015

von RA Michael Seitz

Dem Auftraggeber steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn die Parteien über die Ausführung von Bauarbeiten einen Rahmenvertrag geschlossen haben und der Auftraggeber Mängelansprüche aus dem einen Bauvorhaben dem Werklohnanspruch des Auftragnehmers aus einem anderen Bauvorhaben entgegen hält. Dies gilt auch dann, wenn verschiedene Gewerke betroffen sind.

Dies hat das OLG München in einem Beschluss vom 21.05.2014 (Az.: 13 U 4423/13 Bau) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 30.07.2015 (Az.: VII ZR 142/14) zurückgewiesen.

Der Fall: AN beauftragt AG unter anderem mit Elektroinstallationsarbeiten und Heizungsarbeiten an verschiedenen Bauvorhaben im gesamten Bundesgebiet. Für die verschiedenen Leistungen haben die Parteien in einem Rahmenvertrag bestimmte Preise vereinbart. AN macht aus zwei Bauvorhaben Restwerklohn in Höhe von gut 23.000,00 € geltend. AG wendet ein, bei einem anderen Bauvorhaben sei eine falsche Wärmedämmung bei einer Fußbodenheizung eingebaut worden. Deswegen stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu. Das erstinstanzliche Landgericht gibt AG Recht und verurteilt ihn zur Zahlung Zug um Zug gegen die Nachbesserung bei der Wärmedämmung. AN legt Berufung ein und möchte erreichen, dass AG ohne diese Bedingung zur Zahlung verurteilt wird.

Die Entscheidung: Das OLG München hält dieses Begehren für offensichtlich unbegründet und weist es daher durch Beschluss ab. AG steht ein Leistungsverweigerungsrecht zu, ohne dass es darauf ankommt, dass die Gegenforderung aus einem anderen Bauvertrag und noch dazu aus einem anderen Gewerk herrührt. Auch der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag sei ein gegenseitiger Vertrag, der wesentliche Regelungen für die Einzelverträge enthält, hier etwa den Werklohn. Selbst wenn man aber nicht von einem Gegenseitigkeitsverhältnis ausgehen wollte, stünde AG dennoch ein Zurückbehaltungsrecht zu, sodass er jedenfalls nur Zug um Zug gegen Nachbesserung zu verurteilen sei. Dieses Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB setze lediglich voraus, dass die Ansprüche aus demselben rechtlichen Verhältnis herrühren, dass ihnen also ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde liegt. Dies hat das OLG hier bejaht.

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Fazit: Immer wieder einmal taucht die Frage auf, welche gegenseitigen Rechte die Parteien haben, wenn sie zeitgleich oder nacheinander an verschiedenen Bauvorhaben gemeinsam arbeiten und daraus wechselseitige Ansprüche entstehen. Klar ist zunächst, dass eine Aufrechnung stets möglich ist, wenn sich beide Forderungen auf Geld richten. § 387 BGB setzt nämlich lediglich voraus, dass die Forderungen gleichartig (Geld) und erfüllbar bzw. fällig sind. Aber auch dann, wenn sich die eine Forderung auf Geld (Werklohn) und die andere Forderung auf ein Tun (Mängelbeseitigung) richtet, steht dem Schuldner der Geldforderung ein Zurückbehaltungsrecht zu, sofern beide Forderungen auf dem gleichen Lebenssachverhalt beruhen, wozu die wechselseitige Geschäftsbeziehung regelmäßig ausreichend sein dürfte. Daher wird AG zur Zahlung nur Zug um Zug gegen die geschuldete Mängelbeseitigung verurteilt. Umgekehrt steht übrigens dem AN kein Zurückbehaltungsrecht an der Mängelbeseitigung bis zur Zahlung zu, denn AN ist als Werkunternehmer vorleistungspflichtig!

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