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Zwingender Angebotsausschluss bei Fehlen der Preisangaben

19.07.2013

Das Kammergericht (KG) Berlin hat mit Beschluss vom 13.05.2013 – Verg 10/12 – u.a. folgendes entschieden:

Fordert die Vergabestelle zu Preisangaben für Eventualpositionen auf, ist auf
diese Preise § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A anzuwenden, selbst wenn der abgefragte Preis
für die Wertung der Angebote unerheblich ist und die Vergabestelle nach den
Bedingungen des zu vergebenden Auftrages völlig frei in der Entscheidung darüber
sein soll, ob und ggf. bei wem sie die Eventualpositionen später in Auftrag gibt.

Ein Angebot ist gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. c VOB/A bei mehr als einer
fehlenden Preisangabe (hier: 6 Preisangaben) auszuschließen.

Von RA Michael Werner
Ein öffentlicher Auftraggeber realisierte den Umbau einer Universitäts-Mensa und schrieb hierzu einen Auftrag zum Einbau einer neuen Essensausgabeanlage und zur künftigen Wartung derselben europaweit aus. Den Ausschreibungsunterlagen beigefügt war u.a. ein vorformulierter Wartungsvertrag, den die Bieter unterschrieben ihrem Angebot beizufügen hatten. Bestimmte Wartungsleistungen sollten direkt mit beauftragt werden. Daneben sollten darüber hinaus gehende Instandsetzungsleistungen nur nach Abschluss eines gesonderten Vertrages erbracht und gewertet werden. Im Wartungsvertrag hieß es: „Hierfür ist ein gesonderter Vertrag auf Kalkulationsbasis der Anlage 3 zu schließen“. Die „Anlage 3“ bestand aus „Blatt 1“ und „Blatt 2“. Blatt 2 enthielt im Wesentlichen eine Tabelle, in der die Bieter Angebotspreise zu 6 vorformulierten Leistungspositionen eintragen konnten, einschließlich der nach Spalten geordneten Teilkosten. Bieter A sollte mit dem preisgünstigsten Angebot der Zuschlag erteilt werden; dagegen wehrte sich Bieter B, mit dem Argument, dass das Angebot des A keinerlei Preisangaben zu den Instandsetzungsleistungen (Anlage 3) enthalten habe.

Das KG gibt hier dem Bieter B Recht. Der Bieter A habe es entgegen § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A versäumt, sein Angebot mit Preisen zu versehen, die gemäß der Anlage 3, Blatt 2 zum Wartungsvertrag gefordert waren. Die Angabe dieser Preise sei gefordert und nicht in das freie Belieben der Bieter gestellt worden. Denn in Ermangelung gegenteiliger Hinweise in den Ausschreibungsunterlagen sei regelmäßig davon auszugehen, dass vorformulierte Formblätter, die ein Bieter seinem Angebot beizufügen habe – wie hier die Anlage zum Wartungsvertrag – vollständig auszufüllen seien. Allein der Umstand, dass sich die geforderten Preisangaben auf bloße Eventualpositionen bezogen hätten, zu deren Inauftragsgabe sich der AG mit der Ausschreibung noch nicht verpflichten wollte, führe nicht dazu, dass keine „Preise“ im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A gefordert wären. Denn der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A differenziere nicht zwischen Preisen für Positionen, die zum Zeitpunkt der Ausschreibung sicher in Auftrag gegeben werden sollten, und Preisen für Positionen, bei denen dies – aus welchen Gründen auch immer – nicht der Fall sei. Allein die Tatsache, dass die Angaben zu den Instandsetzungsleistungen bei der Wertung der Angebote keine Rolle spielten, sei irrelevant. Aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 c, 2. Halbsatz VOB/A sei vielmehr im Umkehrschluss zu folgern, dass nicht schon die im Einzelfall bestehende Wertungsirrelevanz einem Eventualpreis die Eigenschaft nehme, „Preis“ im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A zu sein. Voraussetzung für die Ausnahme des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. c, 2. Halbsatz VOB/A sei u.a., dass die Preisangabe nur bei einer „einzelnen Position“ fehle. Vorliegend fehlten indessen hier bei 6 Positionen der Anlage 3, Blatt 2, die Preisangaben. Dies führe nach einhelliger Auffassung der Rechtsprechung und Literatur zur Nichtanwendbarkeit des § 16 Abs. 1 Nr. 1 Ziff. c, 2. Halbsatz VOB/A.

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Anmerkung:
Anders als in der VOL/A (wo gemäß § 16 Abs. 2 VOL/A mehrere unwesentliche Einzelpositionen nachgefordert werden können) ist die Regelung bei Bauvergaben wesentlich restriktiver. Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 1 c, 2. Halbsatz VOB/A führen bereits zwei fehlende Preisangaben automatisch zum Angebotsausschluss. Nach der o.g. Entscheidung gehören zu diesen Preisangaben auch solche für Eventualpositionen, da diese Bestandteil des Angebots und für die Bieter verbindlich sind. Dabei ist allein wesentlich, ob die Preisangabe geforderter Angebotsbestandteil ist. Dies wird in aller Regel der Fall sein.

  Quelle: RA Michael Werner


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