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Die Stoffpreisgleitklausel

14.01.2022

Der Begriff “Stoffpreisgleitklausel” mag zwar in der Aussprache eher schwierig sein, doch ist diese Klausel sehr nützlich. Gerade in einer Zeit, in der die Baustoffpreise schwanken, sowohl für Auftragnehmer als auch für Kunden. Dieses Bewusstsein scheint jedoch noch nicht alle Marktteilnehmer erreicht zu haben, denn diese Option zur Preisanpassung findet bei den Kommunen viel zu selten Verwendung.

Rainer Mang, Fachanwalt für Bauvertragsrecht beim Baugewerbeverband Baden-Württemberg, sieht Vorteile für beide Seiten, wenn es um die Begriffe der Stoffpreisgleitklause geht: „Es ist schlichtweg eine Risikoabsicherung – insbesondere, wenn sich die Baumaßnahme über einen längeren Zeitraum hinzieht und viel Bewegung in der Materialkostenentwicklung ist. Leider kann man das Kostenrisiko bei kürzer laufenden Baumaßnahmen mit heftigen Preisschwankungen, wie wir sie in diesem Jahr vor allem bei Baustahl, Holz, Kupfer, Bitumen oder auch Dämmmaterialien und Kunststoffen erlebt haben, nicht durch die Klauseln der öffentlichen Hand absichern.“

Stoffpreisgleitklauseln finden Verwendung für große Bauvorhaben des Bundes und der Länder. Voraussetzung ist, dass die Bauarbeiten mindestens zehn Monate dauern, die in besonderen Fällen auch nur sechs Monate dauern können. Darüber hinaus besteht bei einigen Stoffen während des Baus des Projekts ein unvorhersehbares Preisrisiko. Näheres ist dem Bundesvergabehandbuch (VHB, Vordruck 225 oder im HVA BStB) zu entnehmen.

Die Stoffpreisgleitklausel schwächt Kostenrisiko ab
Die Regelungen gemäß § 9d VOB/A gelten auch für kommunale Auftraggeber. „Allerdings vereinbaren viele Bauämter trotzdem keine Stoffpreisgleitklausel, weil das Kommunale Vergabehandbuch Bau für Baden-Württemberg dafür keinen entsprechenden Vordruck enthält“, beklagt Rainer Mang. Das Fehlen einer solchen Regelung kann bei langfristigen Bauvorhaben wie Neubau oder Brückensanierungen problematisch werden. „Wir erleben immer wieder, dass sich Kommunen in Ausschreibungsverfahren über fehlende Angebote seitens der Bauunternehmen beklagen. Das hat einen einfachen Grund: Ohne Stoffpreisgleitklausel ist das Kostenrisiko einer Angebotsabgabe bei stark schwankenden Baumaterialpreisen für viele Firmen schlichtweg zu hoch.“ Für die Kommunen wird es in jedem Fall etwas teurer, da sie, wenn sie in Angebot abgeben, in ihrer Kalkulation einen so genannten Wagniszuschlag, also einen ausreichenden Sicherheitspuffer mit einplanen.

Verzichtet ein Auftragnehmer auf den riskanten Zuschlag, um der günstigste Anbieter zu sein, riskiert er, den Vertrag mit roten Zahlen zu beenden. Die Vergangenheit deutet oft darauf hin, dass dies passieren wird. In der Vergangenheit konnten viele Bauunternehmen aufgrund des starken Preiswettbewerbs die Kosten nicht mehr decken. Die Eigenkapitalbasis wurde immer dünner, irgendwann geriet das Unternehmen in Insolvenz. Dem steht die Stoffpreisgleitklausel entgegen. Dies ist eine Garantie für beide Seiten und sorgt für eine gleichberechtigtere Zusammenarbeit.

„Unkalkulierbare Kostenrisiken sollten unserer Ansicht nach nicht einseitig auf den Auftragnehmer abgewälzt, sondern von beiden Vertragspartnern gemeinsam getragen werden. Hier hat die Öffentliche Hand durchaus auch eine Vorbildfunktion“, meint Rainer Mang. Für die Verantwortlichen in den Kommunen, die bei länger laufenden Baumaßnahmen in Zukunft doch eine Stoffpreisgleitklausel in ihren Ausschreibungen mit aufnehmen möchten, hat er noch einen praktischen Rat: „Nutzen Sie einfach das entsprechende Formblatt aus dem Vergabehandbuch des Bundes. Das ist erlaubt und hilft beim Formulieren der Ausschreibungen.“

  Quelle: www.bauwirtschaft-bw.de


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