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Öffentliche Aufträge im Südwesten nur noch mit Tarifvertrag

09.05.2012

Kabinett beschließt Tariftreuegesetz mit Mindestlohn von 8,50 Euro - Kritik vom Handwerk

-- Von Mirko Hertrich --

Stuttgart (dapd-bwb). Öffentliche Aufträge des Landes sollen in Baden-Württemberg künftig nur noch an Unternehmen mit gültigen Tarifverträgen gehen. Das grün-rote Kabinett verabschiedete am Dienstag einen Entwurf für ein Tariftreuegesetz. Mit dem Gesetzesvorhaben komme die Koalition ihrem Ziel ein Stück näher, Baden-Württemberg zu einem "Musterland für gute Arbeit" zu machen, sagte Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) am Dienstag.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) führte an, Firmen, die mit Lohndumping erfolgreich sein wollten, kämen bei öffentlichen Aufträgen von Land und Kommunen nicht mehr zum Zug. Das Tariftreuegesetz unterbinde Wettbewerbsverzerrungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und schaffe faire Voraussetzungen für alle Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass öffentliche Aufträge des Landes und der Kommunen nur an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten Tariflöhne bezahlen. Als absolute Untergrenze ist ein Mindestlohn von 8,50 Euro brutto vorgesehen. Das Gesetz greift ab einem Auftragsvolumen von 20.000 Euro. Es soll Ende des Jahres vom Landtag verabschiedet werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt den Entwurf für ein Tariftreuegesetz in Baden-Württemberg. Der DGB-Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf sprach von einem "großen Fortschritt im Kampf gegen Lohndumping bei öffentlichen Aufträgen". "Die Zeiten, in denen Gewinnmaximierung alles und gerechte Löhne und gute Arbeit ein Hindernis sind, sind hoffentlich bald vorbei - nicht nur bei öffentlichen Aufträgen", unterstrich Landgraf.

Handwerk warnt vor Mindestlohn "durch die Hintertür"
Die ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymaier fügte hinzu, "Dumpinglöhne im Auftrag des Staates" wären mit einem Tariftreuegesetz endlich vom Tisch. Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) Baden-Württemberg begrüßte, dass mit dem Landestariftreuegesetz eine der zentralen Forderung sozialdemokratischer Kommunalpolitik aus dem grün-roten Koalitionsvertrag durch die neue Landesregierung umgesetzt werde.

Der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstages (BWHT), Oskar Vogel, lehnte das Vorhaben der Landesregierung ab. Davon müsse die Politik "die Finger lassen". Vogel befürchtet ansonsten einen "Mindestlohn durch die Hintertür".

Vor dem Hintergrund der weitgehenden Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU begrüße das Handwerk "im Grundsatz" das Tariftreuegesetz, fügte der Hauptgeschäftsführer hinzu. Er warnte jedoch davon, dass sich das Gesetz ohne funktionierende Kontroll- und Sanktionsmechanismen "bald als zahnloser Tiger entpuppe".

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, kritisierte ebenfalls die Festlegung auf 8,50 Euro als Lohnuntergrenze. Die grün-rote Landesregierung nehme damit in Kauf, dass Arbeitsplätze für die Geringqualifizierten vernichtet würden. Das Gesetz sei auch überflüssig, da es inzwischen ausreichende europarechtliche Regelungen gebe. Baden-Württemberg ist laut ver.di das zehnte Bundesland, das ein Tariftreuegesetz einführt.

 

 

  Quelle: dapd


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