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Vertragsklausel in AGB individuell ausgehandelt?

13.01.2022

Das bloße Einfügen eines Klammerzusatzes in eine vorformulierte Vertragsstrafenklausel hat nicht zur Folge, dass diese Klausel individuell ausgehandelt wurde. Der Klammerzusatz kann im Gegenteil sogar zur Intransparenz führen. Dies hat das Kammergericht mit Urteil vom 09.03.2018 (Az.: 21 U 61/15) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 24.03.2021 (Az.: VII ZR 76/18) zurückgewiesen.

Der Fall: AG und AN schließen einen Vergleich über Restwerklohn in Höhe von ca. 600.000 EUR. Als AN den Vergleichsbetrag einklagt, erhebt AG Widerklage in Höhe von 630.000 EUR wegen einer vermeintlich verfallenen Vertragsstrafe und hilfsweise rechnet er mit dem Vertragsstrafenanspruch auf. Gegen die Widerklage verteidigt sich AN mit dem Vortrag, die Vertragsstrafenregelung benachteilige ihn unangemessen und sei somit unwirksam. Hiergegen wendet AG ein, die Klausel sei individuell ausgehandelt, denn sie sei nachträglich mit dem Klammerzusatz "Etwaige Nachträge werden hinzugerechnet" versehen worden.

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RA Michael Seitz

Das Urteil: Das Kammergericht gibt der Werklohnklage statt und weist die Widerklage ebenso wie die hilfsweise erklärte Aufrechnung ab. Die Vertragsstrafenklausel sei unwirksam und auch nicht individuell ausgehandelt. Der nachträglich angebrachte Klammerzusatz führe nicht zu einer individuellen Aushandlung dieser ursprünglich in den AGB enthaltenen Klausel. Im Gegenteil: Der Klammerzusatz mache die Klausel zudem intransparent und auch aus diesem Grunde unwirksam. Voraussetzung für ein individuelles Aushandeln wäre gewesen, dass AG den von der gesetzlichen Regelung abweichenden Kerngehalt seiner AGB-Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt hätte. Dies hat AG vorliegend aber nicht einmal vorgetragen. Zudem - so stellt das KG weiter fest - seien die zur Aufrechnung gestellten Beträge auch nicht schlüssig dargelegt.

Fazit: Die Hürde, die eine AGB-Klausel nehmen muss, um zu einer individuellen Vereinbarung zu werden, sind hoch. Ein "Aushandeln" erfordert mehr als ein bloßes Verhandeln, so der BGH. Der Verwender der AGB muss seinem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit einräumen und dafür den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel ernsthaft zur Disposition stellen. Dies geschieht nur in den seltensten Fällen. Allerdings versuchen Auftraggeber in ihren AGB häufig, durch Klammerzusätze oder etwa durch freigelassene Felder, die dann handschriftlich ausgefüllt werden, eine Individualvereinbarung zu suggerieren. Dies kann nicht gelingen, wie der vorliegende Fall anschaulich zeigt.

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