zurück

Zu viel Nitrat im Grundwasser

06.01.2022

25 Prozent der Messstellen überschreiten in 2020 den EU-Grenzwert

Ein Viertel der 665 Nitrat-Messstellen in Deutschland hat 2020 den in der europäischen Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG (GWRL) festgelegten Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter überschritten. Damit verbesserte sich die Anzahl der Überschreitungen an den Messpunkten stärker als im Vorjahr (7%), aber auch neue Höchststände waren zu vermelden.

Das Informationszentrum für die Landwirtschaft hat nun die aktuellen Daten aus dem Jahr 2020 ausgewertet und stellt die Entwicklung der Nitratbelastung im Grundwasser auf einer interaktiven Karte visuell dar. Alle Messwerte liegen nun für 2016-2020 vor und zeigen auch regionale Trends.

Absoluter Spitzenreiter im Jahr 2020 ist der Kreis Viersen (Nordrhein-Westfalen) mit einem Nitratwert von 247,91 mg/l, gefolgt vom Kreis Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) mit 204 mg/l, der Giftstadt Wolfsburg (Niedersachsen) mit 181,50 mg/l und der Kreis Lüchow Dannenberg (Niedersachsen) mit 133,77 mg/l. Mit einem Nitratindex von 127,68 mg/l weist der Landkreis Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) einen Rekordwert im 5-Jahres-Vergleich auf. Gegenüber 2017 (41,66 mg/l) hat sich der Nitratgehalt im Grundwasser mehr als verdreifacht. Insgesamt wurden 166 Messpunkte überschritten. Dagegen die Kreise Bergstraße (45%) in Hessen und Borken (30%).

Der Grund für die positive Entwicklung seit dem letzten Nitratbericht im Jahr 2020 ist auf die Weiterentwicklung des Grundwassermessnetzes zurückzuführen. Während sich das alte Nitratmessnetz noch auf stark mit Nitrat belastete Messstellen bezieht und ab 2012 auch nur noch 162 Messstellen umfasste, umfasst das aktuelle Messnetz des Grundwassermonitoring des Umweltbundesamts (UBA) nunmehr 696 Gütemessstellen.

Der Bericht zur Nitratrichtlinie der Europäischen Union findet alle vier Jahre, zuletzt im Jahr 2020, statt und informiert darüber, inwieweit Deutschland die Richtlinie umgesetzt hat und die Maßnahmen einer Verringerung der Nitratbelastung des landwirtschaftlichen Grundwassers umgesetzt werden. Bei Überschreitung von Werten im Grundwasser sollten entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, um die Einträge zu reduzieren. Andernfalls droht Deutschland eine horrende Geldstrafe von 857.000 Euro pro Tag.

Mit einem Urteil vom 21. Juni 2018 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Deutschland gegen die Nitratrichtlinie verstoßen hat. Der Verstoß liegt darin, dass die Bundesrepublik Deutschland im September 2014 keine zusätzlichen oder verstärkten Maßnahmen zum Schutz von Gewässern vor Kontamination durch abgeleitete Nitrate in der Landwirtschaft getroffen hat, obwohl deutlich gewesen sei, dass die bis dahin ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend waren.

Aufgrund eines anhaltenden Verstoßes hat Deutschland am 25. Juli 2019 eine Abmahnung der Europäischen Kommission zur Umsetzung des EuGH-Urteils nach Artikel 260 des Vertrags von Lissabon erhalten. Bereits 2013 leitete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein und verurteilte schließlich die Anforderungen der Europäischen Nitratrichtlinie zum Schutz des Grundwassers vor Beeinträchtigungen. Der Eintrag von Nitrat ist noch nicht vollständig umgesetzt. Nach einer erneuten Sanktionsandrohung der EU-Kommission musste die 2017 verabschiedete Düngemittelverordnung verbessert werden.

Ab März 2020 werden jedoch Last-Minute-Strafen durch die vollständige Umstellung der Düngemittel vermieden. Mit Inkrafttreten der Düngeverordnung (DüV) zum 01.05.2020 werden der überarbeitete § 38a des WHG zur Ökologisierung der Binnenwasserstraßen (Novelle zum 30.06.2020) und die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (AVV) des Bundes zur DüV (3. November 2020) hat Deutschland einen langen Weg zurückgelegt, um endlich die Anforderungen der europäischen Nitratrichtlinie zu erfüllen.

Anlässlich der Corona-Pandemie hat die Europäische Kommission einer geplanten Neuausweisung der sogenannten Roten Zonen (insbesondere durch Nitrat belastete) zugestimmt, die nach nationalen Kriterien zum Jahresende vorgenommen werden müssen. Umweltverbände haben den Entwurf der Landesdüngeverordnung in Niedersachsen für 2021 scharf kritisiert. Sie kritisierten vor allem die Verkleinerung der roten Zonen von 60 % am Ursprung der Landesoberfläche auf 39 % im Jahr 2020 und 30 % im Januar 2021. Aufgrund gewaltsamer Proteste der Bauernbevölkerung ging diese Zahl sogar auf 24,5 Prozent zurück. Ähnliches gilt für viele andere Bundesländer.

Die zunehmende Belastung des Grundwassers durch Nitrate schlägt sich insbesondere in der Trinkwasserqualität und den Trinkwasserpreisen nieder, da die Behandlung von schlamm- und co-belastetem Grundwasser wesentlich aufwendiger und damit kostenintensiver ist. Nach Berechnungen des Bundesverbandes Energiewirtschaft und Deutschland (BDEW) können die Preise um bis zu 60 % steigen. Es ist zu erwarten, dass sich der positive Abwärtstrend der Nitratbelastung des Grundwassers der letzten Jahre fortsetzt.

  Quelle: www.proplanta.de


Gratis Gastzugang

Submissions-Anzeiger | Tageszeitung-Ad

Aktuelles
Seminarangebot

Baurecht- und Vergabeseminare