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§ 4 Abs. 7 VOB/B ist nicht AGB-widrig!

12.08.2021

von RA Michael Seitz

Nach §§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B kann der Besteller den Bauvertrag kündigen, wenn die Leistung des Werkunternehmers mangelhaft ist und er seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkommt. Dies hält einer isolierten AGB-Kontrolle stand und ist wirksam.

Dies hat das OLG Koblenz mit Urteil vom 28.07.2020 (Az.: 4 U 1282/17) entschieden. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit Beschluss vom 24.03.2021 (Az.: VII ZR 136/20) zurückgewiesen.

Der Fall: AG beauftragt den AN mit dem Umbau eines Lebensmittelmarktes. Vertragsgrundlage sind neben der VOB/B zusätzliche Vertragsbedingungen des AG. Unter anderem ist dort geregelt, dass eine förmliche Abnahme erst ab einer Auftragssumme von 10.000 Euro möglich sein soll. Während der Bauphase stellt AG Mängel fest, setzt eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gemäß § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B und droht die Kündigung an. Nachdem AN die Mängel innerhalb der Frist nicht beseitigt, kündigt AG gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B. AN bestreitet die Wirksamkeit der Kündigung. Die VOB/B sei nicht „als Ganzes“ vereinbart, weil die zusätzlichen Vertragsbedingungen des AG Abweichungen enthielten. § 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B sei bei isolierter Inhaltskontrolle unwirksam, weshalb AG seine Kündigung nicht auf diese Vorschrift stützen könne.

Das Urteil: Das sieht das OLG anders! Zwar stellt es zunächst fest, dass die Regelung, dass förmliche Abnahmen erst ab 10.000 Euro möglich sind, eine Abweichung von der VOB/B darstelle, denn § 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B setzt für eine förmliche Abnahme lediglich das Verlangen einer Partei voraus. Die in §§ 4 Abs. 7 S. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B eingeräumte Kündigungsmöglichkeit vor Abnahme (die beim BGB-Vertrag nicht existiert) sei aber mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar und daher auch bei einer Inhaltskontrolle der VOB/B nicht unwirksam. Zwar habe nach dem Gesetz der AG vor Abnahme keine Mängelrechte. Dies ändere jedoch nichts daran, dass AN auch vor Abnahme ein mangelfreies Werk schuldet und (erkannte) Mängel bereits im Rahmen seiner vertraglichen Erfüllungspflicht vor Abnahme beseitigen müsse. Die Art der Mängelbeseitigung bleibe ihm zudem überlassen. Auch müsse AG eine angemessene Frist setzen und die Kündigung androhen. Zudem sei – gerade bei größeren Baumaßnahmen – eine frühzeitige Mängelbeseitigung noch vor Abnahme sinnvoll, weshalb die Regelung des § 4 Abs. 7 VOB/B den Besonderheiten des Bauens besser gerecht werde als die gesetzliche Regelung. Daher benachteilige die in §§ 4 Abs. 7 S. 3, 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B vorgesehene Kündigungsmöglichkeit nach angemessener Fristsetzung und Kündigungsandrohung den AN nicht unangemessen.

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Fazit: In der juristischen Literatur wird die AGB-Widrigkeit von §§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B teilweise anders beurteilt. Insbesondere differenziert § 4 Abs. 7 VOB/B nicht nach wesentlichen und unwesentlichen Mängeln. AG kann also auch wegen eines unwesentlichen Mangel kündigen, obwohl er die Abnahme – käme es zu einer solchen – mangels Vorliegen eines wesentlichen Mangels nicht verweigern dürfte. Dies ändert indes nichts daran, dass die Entscheidung des OLG Koblenz durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH dessen Billigung erfahren hat und dass daher die Regelung des §§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B auch dann Anwendung findet, wenn die VOB/B – wie in den allermeisten Fällen – nicht „als Ganzes“, sondern vielmehr mit Abweichungen in zusätzlichen Vertragsbedingungen des Auftraggebers vereinbart wird.

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